Ivan Bentchev

"Mit dem Segen des Heiligen Paulus..."

Die Taufikone des Grafen Pavel Kiselev von 1788.

(Иван Бенчев, "Благословлением святого Павла". Крестная икона графа Павла Киселева)

(Hermeneia 2 1996, S. 7-12)

"Wenn man immer bloß meldet, wer gemalt hat und wie gemalt worden ist, so bleibt die Kunstgeschichte einseitig; ihr Zusammenhang mit dem Leben, ihr kulturhistorischer Hintergrund kann nur dann aufgehellt werden, wenn wir auch zusehen, was gemalt worden ist, und zu welcher Zeit bestimmte neue Gegenstände in die Malerei eingedrungen sind." Dies schreibt vor mehr als Hundert Jahren, in den Anfängen der Kunstgeschichte, der Gründer des Lehrfaches an der Bonner Universität Gottfried Kinkel. Die Ikonenthematik bereitet dem Vorgebildeten selten Schwierigkeiten, denn die Bilder der Ostkirche zielen niemals, soweit man sie als Sender einer Botschaft versteht, auf unpräzise und unbestimmte Reaktionen. In diesem Sinne kann auch die Ikone als "offenes Kunstwerk" (1) definiert werden. Ikonen komplizierter Thematik, derer Sinn und Botschaft verschlüsselt, ja manchmal unlösbar kryptisch erscheinen verlangen freilich dem Betrachter ein adäquates Maß an Wissen und Initiative ab. Wenn sich der kulturhistorische Hintergrund solcher Ikonen als nicht minder signifikant erweist, sind sie noch bedeutender. Von einer solchen Ikone und derer spannenden Dechiffrierung wird im folgenden zu berichten sein.

Im Sommer 1995 zeigte man mir eine kleine, ikonographisch sehr ungewöhnliche Ikone, aus deutschem Privatbesitz. Zunächst einmal ließ sich auf Anhieb der äußerst qualitätsvolle Silberbeschlag bestimmen: den Marken nach: "Moskau 1788". Der ganz von Hand getriebene und feuervergoldete Oklad verdeckt bis auf die Inkarnate eine ebenbürtig qualitätsvolle und schöne Malerei, die in subtiler Weise dem westeuropäischen barocken Stil folgt, ohne das Ikonenhafte des Bildes leugnen zu wollen. Die sehr kunstvollen, z. T. ziselierten Oklad-Reliefs geben die Ikonographie der Malerei wieder. Vier Silbermarken an der unteren Kante weisen auf die Provenienz hin: 1. Qualitätsmeister (альдерман) mit den drei Initialen A.O.П., eingeschrieben in der typischen Herzform des 18. Jahrhunderts (2). 2. Beschaumeister mit zwei kyrillischen Initialen und Datum A.В./1788. Es handelt sich demnach um Aleksej Ivanov Vichljaev, nachgewiesen in Moskau 1781-1809. (3) 3. Silbermarke Moskau (= Hl. Georg den Drachen tötend); 4. Silberschmied mit den kyrillischen Initialen Я. M. (= Meister Jakov Semenov Maslennikov, nachgewiesen in Moskau 1756-90. Wertvolles Tafelsilber von ihm befindet sich im Staatlichen Historischen Museum in Moskau).(4) Der Erhaltungszustand der Ikone ist ausgezeichnet; nur wenige spätere Retuschen befinden sich an marginalen Stellen. Die kleine Tafel (14,7 x 12,5 x 1 cm) ist kaum verbogen und besteht aus Zypressenholz: allein das ist ein Zeichen von hervorragender Qualität, denn in Russland haben nur die besten Ikonenmeister das teure importierte Zypressenholz benutzt. (5) Die rückseitige, mehrzeilige Inschrift, in Russisch mit Tinte und Feder geschrieben, erwies sich zunächst, bis auf einige Zahlen "29", "Nr. 22", als unleserlich. (6)

Die Ikonographie ist sehr ungewöhnlich und der übliche summarische Ikonentitulus, der auf die Darstellung hinweisen könnte, fehlt. Betrachten wir das Bild: im Vordergrund stehen Johannes der Täufer und Apostel Paulus - zwei Heilige also, die sich historisch nie begegnet sind. Sie sind wie üblich mit ihren kirchenslavischen Tituli bezeichnet: "Hl. Vorläufer Johannes; hl. Apostel Paulus". In seiner Linken hält Johannes sein aus der westeuropäischen Malerei übernommenes Attribut - das Stabkreuz mit kleiner weißer Fahne, auf der die kirchenslavische Johannes-Beischrift (nach Jo 1,29 und Mt 3,2) steht: Се(й) агнец Б(о)жий (= Seht das Lamm Gottes). Der Täufer trägt das gegürtete Fellgewand des Wüstenheiligen, darüber einen grünlichen Mantel von barocker Pracht. Mit seiner ausgestreckten Rechten weist er auf mehrere Personen im Hintergrund hin, die anscheinend zu einer Taufszene gehören, denn einige, die ihre Kleider abgelegt haben, befinden sich im Wasser. Darüber steht hier kleingeschrieben "собор", will heißen: Synaxis, Versammlung, "viele Menschen, versammelt an einem Ort". Nun wendet sich Johannes dem hl. Paulus zu und richtet sogar seinen Blick auf ihn. Der so angesprochene Apostel hebt zwar seine Rechte in ritualisiertem Zeigegestus hoch, schaut aber konzentriert geradeaus. Gekleidet ist er in die Gewänder eines kynischen Philosophen und trägt unter seinem linken Arm ein großes geschlossenes Buch, wobei er mit der Linken seinen üppigen gelben Mantel, der in fülligen seidenen Faltenwürfen herabfällt, zusammenrafft. Aus der linken oberen Ecke ergießt sich in mächtigen Strahlen auf die beiden Heiligen das Licht des Hl. Geistes, die hellen Wolken des blauen Himmels beleuchtend. Die lichte Taube ist penibel mit dem geläufigen kirchenslavischen Kryptogramm СД (= Святой Духъ / Hl. Geist) in Rot bezeichnet. Die anderen Tituli sind mit Pudersilber, das auch die Lichter der Faltenwürfe gestaltet, ausgeschrieben.

Johannes und Paulus stehen also zusammen an dem Flussufer, obwohl eine historisch überlieferte Begegnung auszuschließen ist. Solche Freiheiten sind nicht ungewöhnlich; man denke an Ikonen, die z. B. "ausgewählte Heilige" darstellen. Es gibt doch eine Bibelstelle, in der die Namen Johannes und Paulus zusammen vorkommen. In der Apostelgeschichte, 19, 1-7 heißt es: Während Apollos sich in Korinth aufhielt, durchwanderte Paulus das Hochland und kam nach Ephesus hinab. Er traf einige Jünger und fragte sie: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie antworteten ihm: Wir haben noch nicht einmal gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt. Da fragte er: Mit welcher Taufe seid ihr denn getauft worden? Sie antworteten: Mit der Taufe des Johannes. Paulus sagte: Johannes hat mit der Taufe der Umkehr getauft und das Volk gelehrt, sie sollten an den glauben, der nach ihm komme: an Jesus. Als sie das hörten, ließen sie sich auf den Namen Jesu, des Herrn, taufen. Paulus legte ihnen die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie herab; sie redeten mit Zungen und weissagten. Es waren im ganzen ungefähr zwölf Männer.

Der unbekannte Moskauer Ikonenmaler illustriert also die Taufe der Johannesjünger durch Paulus in Ephesus. Das Dargestellte hatte für den Maler oder den Auftraggeber einen so präzisen Sinn, dass ein Ikonentitulus, der üblicherweise sogar ganz geläufige Darstellungen sub summae erklären müsste, überflüssig erschien. Johannes' Präsenz in dieser Szene ist allegorischer Natur. Durch diese Gestalt und durch den herausgehobenem Hl. Geist weist der Maler unmistverständlich auf das Thema hin. In stilistischer Hinsicht ist dieser Ikonenmaler ein führender Repräsentant seiner Epoche. Es fällt das Theatralische auf, das sich einem sehr verbindlichen, auf präzise und konventionell definierte Bedeutungen festgelegten spätbarocken Code der Posen und Gesten bedient. 1788 regiert in Russland Katharina die Große und die Hinwendung zur westeuropäischen Kultur und Kunst hat sich längst etabliert. Stilistisch ist die russische Ikonenmalerei längst in zwei Strömungen gespalten: einerseits die traditionelle Richtung, die sowohl die ländliche Bevölkerung als auch die Altgläubigen bedient und in provinzielle Zentren abgedrängt ist; andererseits die höfische Richtung, die dem stilistischen Wandel der westeuropäischen Kunst folgt. Das Bedeutende an dieser Ikone aber ist nicht ihr Stil, sondern das emblematische Thema und ihre ikonographische Umsetzung. Bereits im 16. Jahrhundert gab es in Russland eine erste Vorliebe für die Umsetzung komplizierter theologischer Themen in rätselhafte Ikonographien. Solchen Emblemata-Ikonen schrieb Pokrovskij in erster Linie eine "didaktische" Funktion zu, aber dieser sich eingebürgerte Begriff reduziert Didaktik auf Rätsellösen, auf Kosten all jener Werte, die wir heute für fundamental zur Definition der Ikonenmalerei als solcher halten. Während im 16.-17. Jahrhundert das intellektuelle Nachvollziehen theologischer Spekulationen sich durch überladene Emblemata-Ikonen äußert, ist das Emblematische dieser Malerei von 1788 nur scheinbar versteckt. Zwar wird beim Betrachter eine spezielle Vorbildung vorausgesetzt, aber nicht so sehr seine Fähigkeit zu interpretieren ist gefragt - viel mehr wird hier offensichtlich das Nacherleben ästhetischer Emotionen erwartet. Das spätbarocke Theater und die Malerei, alle Künste Westeuropas sind zu Katharinas Zeiten das große Vorbild und auch die Ikonenmalerei jener Zeit lebt, wie diese Ikone vor Augen führt, von barocken Konventionen.

Jeder, der rückseitige Inschriften auf russischen Ikonen zu entziffern versucht hat, weiß, dass dies oft eine psychische, ja fast physische Anstrengung bedeutet. (7) Dass letztendlich die teilweise Entzifferung der Inschrift gelang, war ein Glücksfall in jeder Hinsicht. Diese Ikone ist durch viele Hände gegangen, worauf einige spätere Nummerierungen (oder Preisangaben?) hinweisen. Die originale Inschrift besteht wohl aus acht Zeilen. Am deutlichsten ist die vorletzte Zeile unten zu lesen und einige, jedoch entscheidende Wörter: /K.../...(родителя?).../...Kиселев.../...ночь...имени .../29го июня.../Благословлением С. Павла и...(= /Zu../...des Vaters?.../... Kiselev.../...Nacht...des Namens...//Mit dem Segen des Hl. Paulus und.../.../.

Demnach handelt es sich um eine der seltenen Widmungen anlässlich eines Familienfestes, hier um eine Taufe eines Kindes auf den Namen Pavel (Paulus), in der Moskauer Familie Kiselev an einem 29. Juni. Dieses Datum ist kein Zufall, denn es ist der Petrus und Paulus-Festtag in der orthodoxen Kirche. Demnach hat wohl der Vater, ein gewisser Kiselev die vorliegende Ikone eines vorzüglich passenden und wohl von ihm angeregten Sujets für die Taufe seines Sohnes Pavel in Auftrag gegeben und die Notiz selbst geschrieben. Es mag erstaunen, aber diese wenigen Angaben genügen, um die Geschichte der Ikone aufzuhellen. Der Rest ist enzyklopädisches Wissen: Der am 8. Januar 1788 in Moskau geborene Pavel Kiselev, zu seiner Taufe am 29. Juni 1788 mit dieser Ikone beschenkt und gesegnet, ist eine berühmte Persönlichkeit in der russischen Geschichte, mit größten Verdiensten vor allem für die Abschaffung der Leibeigenschaft und ein Liberaler par excellence. Die steile Karriere des 17jährigen Pavel beginnt mit dem Eintritt in den Staatsdienst 1805 bei Fürst Volkonskij; 1807-1812 Teilnahme als Offizier im Napoleonkrieg; Adjutant von Graf Miloradovic; seit 1814 Flügel-Adjutant des Imperators Alexander I.; 1816, ganz im Gedankengut der Dekabristen, verfaßt er die an den Zaren gerichtete Schrift "O postepennom unictoženii rabstva v Rossii /Über die schrittweise Abschaffung der Sklaverei in Russland"; seit 1819 Stabchef der 2. Süd-Armee in der Ukraine; Fürst Volkonskij berichtet, dass er mit den Dekabristen, die hier dienten sehr befreundet war - mit ihm selbst, Pestel', Basargin, dem Fürsten Barjatinskij u.a., ohne von der Existenz der sog. Južnoe obšcestvo dekabristov zu wissen; nach dem Russisch-türkischen Krieg 1828-29 unter Nikolaus I. (1825-55) Statthalter in der Moldau und der Walachei (1829-34), wo er Reformen durchsetzt; seit 1835 Mitglied aller geheimen Komitees für Bauernfragen; Mitglied des Staatsrats; 1836 Leiter der neugegründeten Kanzlei des Zaren für die Lage der staatlichen Leibeigenen; 1837 Minister für Staatsbesitz (18 Jahre lang auf diesem Posten); 1837-41 sog. Kiseleva reforma: die nach ihm benannte Reform der Lage der staatlichen Leibeigenen; die neugeschaffenen Dorfschulen nennt man Kiselevskie školy; 1839 in den Grafenstand erhoben; 1856 von Alexander II. als Botschafter nach Paris entsandt (sprich weggelobt), aber alle Gesetzentwürfe, die Bauernbefreiung betreffend, gehen auch in Paris weiterhin durch seine Hände und noch 1857 diskutiert Alexander II. die Bauernreform mit ihm in Paris; er demissioniert als Botschafter 1862, da ihm das Außenministerium und besonders der Vizekanzler Gorcakov misstrauisch gegenüber stehen; im Ruhestand bleibt Graf Kiselev weiterhin in Paris. Er stirbt dort am 14. (26) November 1872. Vermerkt ist ausdrücklich, dass seine Überreste nach Russland übergeführt wurden und er in Moskau begraben worden ist. Der andere berühmte Kiselev, Ivan Pavlovic, (1783-1853), General-Major der Flotte, ausgezeichnet bei den Schlachten in Borodino und Varna, war wohl ein Cousin des Grafen Pavel Kiselev. Seine Lebensdaten passen gut mit denn des Grafen zusammen. Bemerkenswert ist dass sein Vater Pavel hieß. Das deutet vielleicht darauf hin, dass dieser Pavel Kiselev der Onkel und Taufpate des späteren Grafen gewesen ist. (8)

Es ist offensichtlich so gewesen, dass das Geburtsdatum des Grafen - 8. Januar nach dem Alten Stil (6. Januar: Taufe Christi; 7. Januar: Synaxis des Vorläufers Johannes' - den Vater (oder Onkel) auf die Idee der Taufikone und diese ausgefallene Darstellung, wie sie sich nicht besser zu diesem Anlass eignen könnte, gebracht hat. Wenn das Neugeborene auf den Namen des Onkels und Taufpaten Pavel/Paul getauft werden sollte, hat man auch die Taufe, durchaus passend, am Peter und Paul-Tag vollziehen wollen und auch vollzogen. Jedenfalls hat der Vater oder der Taufpate gleich nach der Geburt einen der besten Ikonenmaler Moskaus aufgesucht und die Ikone auch von einem der besten Goldschmiede mit Silberoklad, dem wir die genaue Jahreszahl verdanken, schmücken lassen. Zur Feier der Taufe am 29. Juni 1788 ist diese bedeutende Ikone dann fertig gewesen.

Nomen est omen: auch in Russland glaubte man, dass zwischen Namen und Schicksal eine Verbindung besteht. (9) Der große russische Philosoph Pavel Florenskij schreibt in seinem Traktat "Die Namen": "Der Name - ein zarter Körper, durch den sich das geistige Wesen offenbart". (10) So ist zu vermuten, dass die Taufikone den Grafen Pavel Kiselev sein ganzes Leben lang begleitet hat. Uns kommt jetzt seine kleine Ikone tatsächlich wie ein großes Omen vor. Die geheimnisvolle Szene muss schon die Phantasie des Kindes angeregt, seine Psyche beeinflusst haben. (11) In frühester Jugend lernten die russischen Orthodoxen, dass durch das Sakrament der Taufe der Täufling in die Gemeinschaft/Gemeinde der Getauften, dem konkreten Ausdruck der brüderlich gelebten Nächstenliebe, aufgenommen wird. Hierfür steht die Darstellung auf der Taufikone Pavel Kiselevs beispielhaft auch. Und dieser Gemeinschaft, dem sobor, hat sein ganzes erfülltes Leben lang Graf Pavel Kiselev nach Kräften gedient - "mit dem Segen des Heiligen Paulus".

 

Anmerkungen:

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1 Einem Begriff von Umberto Eco folgend. Vgl. Umberto Eco, Erkenntnistheorie und Semiotik, in: ders.: Im Labyrinth der Vernunft. Texte über Kunst und Zeichen, Leipzig 1990, S. 113 ff.

2 Nachgewiesen in Moskau 1775-1804, M.M. Постникова-Лосева и др., Золотое и серебрянное дело XV-XX вв., Moсква 1983, Nr. 2137f.

3 dito, Nr. 2093

4 dito, Nr. 2995f.

5 Neulich ist mir eine rückseitige Ikonensignatur des Malers Pavel Karpycov (Павел Карпыцов) von 1857 begegnet, mit der ausdrücklichen Angabe Kипарис Цареградский (= Zypresse aus Konstantinopel.

6 Im UV-Licht lässt sich in diesem Fall noch weniger erkennen.

7 "mit bloßem Auge" im Sonnenlicht unter verschiedenen Blickwinkeln findet man bei einiger Übung vieles heraus. Mit den eingeritzten Inschriften auf den rückseitig meist geschwärzten Ikonentafel des 18. Jahrhunderts habe ich damit die besten Erfahrungen: es handelt sich stets um Notizen altgläubiger und provinzieller Ikonenmaler, die den Ort, die Namen der Auftraggeber, die darzustellenden Sujets und Heilige erwähnen, oft auch technische Angaben (z. B. über Metallauflagen, Vergoldungen, Oklade, aber auch Ausbesserungen und Preise. Äußerst selten sind wohl Widmungsinschriften für die Kirche anzutreffen, von denen russische Kollegen berichten. Angeblich sollen die verzeichneten Namen beim Totengedenken vom Priester direkt von der Ikone abgelesen werden. Weil sie orthographisch sehr eigenwillig und auch dadurch viel zu unleserlich sind, erscheint mir das fraglich.

8 Vgl. Большая энциклопедия, изд. Южакова, Санкт Петербург (до 1908 г.), Bd. 10, Sp. 762ff. und Большая советская энциклопедия, Moсква 1973, Bd. 10, Sp. 569 mit zahlreichen Literaturangaben, u.a. A.П. Заблоцкий-Десятовский, Граф Киселев и его время, 1882, 4 Bde. Beim zweiten bei Južakov aufgeführten Kiselev, Aleksandr Aleksandrovic, handelt es sich um den 1838 geborenen Landschaftsmaler, der sich nach seinem Studium zunächst mit Ikonenmalerei über's Wasser gehalten hat. Es ist fraglich, ob dieser mit der Familie des Grafen verwandt ist.

9 Einen neuen Namen anzunehmen bedeutet z. B. für den Mönch, dass er zu den Eigenschaften seines alten Namens neue Qualitäten hinzufügt, "aus sich selbst neugeboren wird" (Florenskij). Der alte Name besteht aber ewig und die orthodoxen Mönche feiern ihren ersten Namenspatron weiterhin.

10 Павел. A. Флоренский, Имена // Социологические исследования 6 1988 und 2-6 1989 (1. Druck). Die Arbeit wurde von Floresnskij 1923-26 geschrieben. Nachdruck in: Тайна имени, Харьков 1995, S. 5-135. In unserem Zusammenhang lesenswertes über den Namen "Pavel" auf S. 103-122.

11 Zumal der kleine Pavel zwischen seinem 8. und 13. Lebensjahr die Regierung seines Namensvetters, des Zaren Pavel I. erlebt hat.