Rezension von Eva
Haustein-Bartsch in: EIKON-Mitteilungsblatt 1/2004, Recklinghausen 2004, S. 4f.
Ivan Bentchev, Die Technologie in den
griechischen und bulgarischen Malerbüchern des 16.–19. Jahrhunderts (Beiträge zur Kunst des christlichen
Ostens Band 11), Recklinghausen 2004
404 Seiten plus
8 Farbabbildungen, fester Einband, 58 Euro
ISBN
3-929040-74-3
In diesem soeben
erschienenen umfangreichen Werk publiziert der aus Bulgarien stammende und in
Bonn lebende Restaurator und Kunsthistoriker Ivan Bentchev erstmalig in
deutscher Übersetzung die historischen Rezeptursammlungen der wichtigsten zwölf
Malerbücher, die von griechischen und bulgarischen Künstlern der Neuzeit (16.-19. Jh.) verfasst wurden. Dadurch wird eine große Lücke geschlossen, und wir können uns
endlich auf Deutsch, und zwar von einem Spezialisten geführt, aus erster Hand
über die Maltechniken alter Ikonen informieren. Nur
die als „Malerbuch vom Berg Athos“ berühmte Hermeneia (d.h. Erklärung, Anweisung) des
Dionysios von Phourna von 1730-33 lag bisher in deutscher Übersetzung vor, jedoch
in einer fehlerhaften und unkritischen Ausgabe, deren
maltechnische Angaben oft kaum verständlich waren. Die meisten Malerbücher sind von schwer zugänglichen Handschriften
übersetzt worden. Besonders hinzuweisen ist auf die opulente Hermeneia des
Christofor Zefarovic (1690-1753), die sich in puncto Maltechnik als viel
bedeutender als die berühmte Hermeneia des Dionysios erweist und nun endlich
die ihr gebührende Beachtung finden und der Forschung zur Verfügung stehen
wird. Nicht weniger interessanter sind die übrigen Malerbücher, an erster
Stelle diejenigen des Bischofs Nektarios, Panagiotes Doxaras und Dičo
Zograf.
Die
Terminologie, die Anleihen an italienische, deutsche, türkische und arabische
Ausdrücke macht, bereitete die größte Schwierigkeit bei der Übersetzung und
konnte nur durch einen ausgewiesenen Fachmann auf dem
Gebiet der Maltechnik und der ostkirchlichen Kunst wie Ivan Bentchev in
Zusammenarbeit mit Slavisten, Gräzisten und Restauratoren gelöst werden. Das Auffinden der deutschen Entsprechungen zu den vielen
Fachtermini ist ein großer Verdienst des Autors und Übersetzers.
Die
ikonographischen Angaben, die meist ebenfalls Teil der Hermeneien waren,
bleiben in diesem Buch bewusst ausgeklammert. Es konzentriert sich ganz auf die
kunsttheoretischen, handwerklichen und
technischen Angaben zur Ikonen- und Freskenmalerei, zur Herstellung der Pinsel,
der Zubereitung von Leim, Kreidegrund, Farben und Firnis, der Passagen über die
Proportionen der Figuren, zur Restaurierung und zu vielen anderen Aspekten der
postbyzantinischen Malerei. Die edierten Malerbücher sind meist kompilative
Werke, in denen die unterschiedlichsten Rezepte nebeneinander stehen. Die
technischen Angaben gehen zum Teil auf alte byzantinische oder sogar spätantike
Rezepturen zurück, die Autoren bzw. Kompilatoren verarbeiteten aber auch
westeuropäische Quellen und reicherten sie mit ihren eigenen Erfahrungen an.
Die Unterteilung in Paragraphen und der unprätentiöse Stil zeigen, dass die Manuskripte
vorwiegend für praktische Zwecke, für Malerkollegen und Schüler, verfasst
wurden.
Bentchev folgt
zwar streng wissenschaftlichen Editionskriterien, möchte aber mit dem Werk auch
Ikonenmalern und Restauratoren verständliche
Informationen für die Praxis bieten. Diejenigen, die eine Anleitung zum
Ikonenmalen in der Art eines Lehrbuchs erwarten, werden in der Tat eine Fülle
genauer Anweisungen zu verschiedensten Techniken finden. Denn diese raren
Handschriften waren keine kostbaren Codices, sondern richteten sich an den
praktisch arbeitenden Ikonenmaler. Dabei wird dem Leser sehr schnell klar, dass
die Fresken- und die Ikonenmalerei nicht nur eine recht mühselige und Zeit
raubende Angelegenheit war, sondern tatsächlich eine „Wissenschaft für
sich“, die nicht in ein paar „Kursstunden“ zu lernen war.
In weit über
1000 Anmerkungen werden Literaturhinweise gegeben, Termini erläutert bzw.
Varianten in den verschiedenen Handschriften benannt. Eine Literaturauswahl (S.
356–366), Tabellen, in denen die Überlieferung verschiedener Passagen in den
unterschiedlichen Malerbüchern neben einander gestellt sind (S. 367–374), sowie
ein ausführliches Register (S. 375–404) erleichtern die Benutzung des Buches.
Es folgen acht Farbtafeln, u.a. mit Darstellungen des Evangelisten Lukas, der
die Ikone der Muttergottes malt (die berühmte kretische Ikone aus dem
Ikonen-Museum Recklinghausen schmückt den Buchtitel) sowie einem Autographen
und einer Ikone des bulgarischen Malers Dičo Zograf. Leider lässt die
Druckqualität dieser Abbildungen zu wünschen übrig, wie auch die der 53 sehr
interessanten, schwarzweißen Textabbildungen. Doch dies tut dem hier
vorgestellten und sehr zu empfehlenden Buch keinen Abbruch, das auf
jahrelanger, intensiver Forschungs- und Übersetzungsarbeit beruht und endlich
der Kunstwissenschaft, aber auch allen an der Ikonenmalerei interessierten Lesern
die südosteuropäischen Malerbücher und damit die technologischen Grundlagen der
postbyzantinischen Malerei zugänglich macht.
Erhältlich ist
die in der Reihe „Beiträge zur Kunst des christlichen Ostens“ als Band 11 erschienene
Publikation entweder an der Kasse des Ikonen-Museums oder direkt bei Ivan Bentchev,
Dürenstraße 10, 53137 Bonn, Tel. 0228/363832, e-mail: bentchev@t-online.de
Als Kostprobe
veröffentlichen wir im Folgenden einige Passagen aus diesen Malerbüchern,
welche die Restaurierung von Ikonen, zum Thema haben. Sie sind in gekürzter
Form einem Aufsatz entnommen, den Ivan Bentchev in der 2003 in Moskau in einer
kleinen Auflage erschienenen Festschrift zum 70. Geburtstag der Restauratorin
Olga Lelekova publiziert hatte. Sowohl die Anmerkungen als auch die slawischen
Passagen und einige Wiederholungen wurden hier weggelassen. Der volle Wortlaut
ist in dem oben angezeigten Werk zu finden.
“... и инъ некто безъ искусихъ и ста доска гола въ руку его...”
Die Ikonenrestaurierung als Thema der griechischen und bulgarischen Malerbücher des 16.-19. Jahrhunderts
Ivan Bentchev, Bonn
Anweisungen zur Ikonenrestaurierung haben in den griechischen und südslavischen Malerbüchern einen Seltenheitswert. In der berühmten griechischen Hermeneia des Dionysios von Phourna vom Berge Athos (ca. 1728) wird die Ikonenrestaurierung in zwei von insgesamt 72 Paragraphen thematisiert: § 35 und § 71. Die Quelle für § 35 des Dionysios ist § 34 der älteren, nach 1566 datierten, sogenannten „Ersten Jerusalemer Handschrift“, die Papadopoulos-Kerameus im Anhang der Ausgabe der Hermeneia von 1909 als „Parartema A“ publiziert hat. Dies ist der älteste Text, der die Reinigung von Ikonen thematisiert. Die Texte des Anonymus I in der Ersten Jerusalemer Handschrift und in der Hermeneia des Dionysios , wie auch die nachfolgenden variantenreichen bulgarischen Übersetzungen, findet man in verschiedenen Handschriften aus dem 18. und 19. Jahrhundert, u.a. in einer Handschrift im Zentrum für byzantino-slavischen Studien „Prof. Ivan Dujčev“ in Sofia: Cod. D. slavo 38 . Die bulgarischen Texte gebe ich weiter unten transkribiert und in einer eigenen deutschen Übersetzung wieder.
Anonymus I in der Ersten Jerusalemer Handschrift nach Papadopoulos-Kerameus 1909, S. 249
Wie man alte Ikonen reinigt (§ 34 in der Jerusalemer Handschrift des Anonymus I; § 35 in der Hermeneia des Dionysios)
Wenn du alte Ikonen waschen willst, so fülle zuvor einen großen Trog mit Wasser, in dem die Ikone ganz vom Wasser bedeckt werden kann; dann lege die Ikone flach hinein , nimm starke Waschlauge, die erwärmt wurde, gieße sie über die Darstellung und verreibe sie mit einem großen Schweineborstenpinsel, so groß wie die Grundierpinsel für Ikonen; aber wenn du reibst, siehe zu, dass die Farben nicht abgewaschen werden, denn die starke Lauge zerfrisst nicht nur den Schmutz, sondern auch den Firnis. Sei daher aufmerksam und wasche die Ikone nicht auf einmal, sondern nach und nach, damit du sie nicht beschädigst. Wasche zuerst mit dem Pinsel und der Lauge einen Teil des Bildes und tauche sofort die ganze Ikone in den Trog hinein, damit der Schmutz zusammen mit der Lauge von der gereinigten Stelle entfernt wird; danach wasche auf diese Weise eine andere Stelle der Ikone und tauche sie wieder ins Wasser hinein und spüle sie ab. Reinige so die Ikone Stück für Stück, und sie wird nicht beschädigt. Wenn du sie aber auf einmal wäschst, dann wirst du sie nicht schneller reinigen können, und wenn die Lauge zu lang auf der Ikone bleibt, dann fallen die Farben ebenso wie der Gips ab. Deswegen mache es so, wie ich dich gelehrt habe. Wenn die Ikone gereinigt ist und irgendwo die Farben abgefallen sind, dann male sie wieder und firnisse die ganze Ikone neu. Dann wird sie wie neu. Aber probiere zuerst an einer kleinen Ikone und erst nach dem Gelingen wage dich an eine größere. Wenn es nicht gelingt, dann lass diese Arbeit sein, um die Ikonen nicht zu beschädigen und mit ihren Besitzern nicht Unannehmlichkeiten zu bekommen.
Alles, was hier geschrieben steht, sollst du nicht für Märchen halten. Denn ich selbst habe solche Proben mit großem Erfolg gemacht. Aber ein anderer machte sich an ein solches Werk ohne einleitende Erfahrung und stand da mit dem bloßen nackten Brett.
Како да миеши ветхiа иконы
Cod. D. slavo 38,69v-70v (nach § 34 in der Jerusalemer Handschrift des Anonymus I bzw. § 35 in der Hermeneia des Dionysios)
Егда хощеши да миеши ветхи иконы то прежде наполни едино корито велико води да вмещается икони внутръ да покриетъ со вода. Потомъ положи икону възнакъ, возми люту пепелову воду мало да будеть согрена и сипи на икону трия сухимъ кондиломъ великимъ соделанимъ изь свинскiя четини и да будетъ великъ якоже пропластарионъ икони трий и внимай да не отъчинеши отъ шарокъ икони понеже аще естъ и крепокъ цекъ то сечетъ комати. Сего ради внимай добре да не омiеши всю икону заединощи токмо помалу помалу да не покварится, и перво убо омiй малу часть отъ нея съ цвекомъ и кондиломъ, потомъ погрузи всю икону вь кориту да омiють, и потомъ паки омiю кондиломъ и пепеловою воду надругомъ месте, потомъ погрузы со паки въ корито и тако помалу помалу омивая всю икону и не иматъ покварится аще ли же омiеши ю всю единожди то имаши продолжатъ время дондеже омiеши, и тако косняща многъ чась на иконе и излеваетъ бои са едно со гипсомъ отъ икони, твори токкмо якоже ти сказахомъ, и отъ нелиже отъ чистится добре, аще убо излезнаша негде бои то госправи потомъ верникосай ю да устроются яко нова обаче искуси первее мастество твое на малой иконе, и яще улучиши на малой то употребляй и велику, аще ли же ни то останится да не квариши и смущатися будетъ домовладики сiя якоже ти пишу да не возмятится бесни понеже азъ есмь самъ искусихъ на себе и улучихъ обаче восхотехъ то сотворити, и инъ некто безъ искусихъ и ста доска гола въ руку его.
Wie man eine alte und beschädigte Ikone wiederherstellt
Nach § 71 in der Hermeneia des Dionysios
Wenn du eine alte beschädigte Ikone wiederherstellen willst, so mache es so: Ist sie hinten faul und von Würmern zerfressen, so musst du das faule Holz zuerst gut reinigen und den Staub abschütteln, dann das Holz mit Leim sättigen, bis also das Brett ihn gut aufgenommen hat. Lege es dann zum Trocknen in die Sonne. Nur gib acht, dass der Leim nicht auf der anderen Seite hervorkommt und die Ikone verdirbt. Nimm danach Holzsägespäne , mische sie mit Leim und verstopfe die Löcher. Wenn es trocken ist, grundiere einmal mit Gips und leime ein Tuch auf die Rückseite, und so wird es fest. Ist aber der Hintergrund auf der Vorderseite beschädigt, die Darstellung des Heiligen aber noch in gutem Zustand, so kratze den alten Gips rundum weg. Dann tränke die Stelle, wie schon oben gesagt, und bessere aus mit dem Staub vom morschen Holz, grundiere, vergolde und bemale und verfestige und firnisse. So wird die Ikone wie neu. Tränke die Stelle mit Leim wie oben gesagt, gebrauche die Sägespäne (zum Auskitten), dann grundiere, lege Gold und Farben auf, bessere aus und bestreiche mit Firnis, und die Ikone wird wie neu.
Како да исправиши и обновиши ветху и испукану икону
Cod. D. slavo 38, fol. 38a/39, alte Paginierung (nach § 71 in der Hermeneia des Dionysios)
Егда хощеши обновити ветху и испукану икону аще убо есть изъ созади изъгнила или чреви изядена то прежде очисти гнилость ея добре и иструси прахъ, по том напойе клеемъ да напиется добре доска таже постави ю на солнце да изъсохнетъ, токмо смотри да прiидетъ на другою страну клей и покверитъ исторiю. Посихъ возми прахъ сиречъ дробность одъ доски согнитiа и размещей съ клеемъ и наполни дупки и егда изсохнетъ гипсосай ю и залепи платно изъ созади и тако утверждается, аще ли же еть среди кампосъ (поли) разорено и исторiа святаго стоитъ добре то прежде изьстружи кампонъ (поле) извади около ветхiи гипсонъ, потомъ напой клей якоже више, и положи одъ согнитiи дробность древа, таже гипсосай ю и положи злато и бои и закрипи и верникосай ю. И бываетъ якоже нова.
Как поновить старинную и обветшавшую икону
(nach § 71 in der Hermeneia des Dionysios; russische Übersetzung von Porfirij Uspenskij 1868, S. 314-315 )
Когда хочеш поновить старинную и обветшавшую икону; то поступи так. Если задная сторона ея сгнила и источена червями; то сперва хорошенько очисти гниль и стряси прах, потом напитай доску клеем и выстав ее против солнца, дабы она просохла, но остерегайся, как бы клей не попал на лицевую сторону иконы и не изпортил живописи. После сего возьми деревянные опилки, смешай их с клеем и наполни ими червоточину; когда же они просохнут, нагипсуй задок доски, или заклей полотном: так она скрепится. Если на лицевой стороне иконы повреждено поле (фон), а изображение святаго цело; то наперед счисти поле и сними весь старый гипс, потом пропитай доску клеем, как сказано выше, насыпи деревянных опилков в червоточины, загипсуй это место, и наложи золото и краски; поднови самое изображение, покрой его лаком; и икона будет – как новая.
***
Hier sollen sechs weitere griechische Rezepte für die Reinigung von alten Ikonen zum ersten Mal publiziert werden. Diese findet man in der auf Griechisch zwischen 1726 und 1737/41 verfassten Hermeneia des bekannten Ikonenmalers und Kupferstechers Christofor Žefarovič. Die älteste, schön geschriebene Handschrift aus dem 18. Jahrhundert befindet sich in der Rumänischen Akademie der Wissenschaften in Bukarest: BAR Cod. d. greci 886. Die uns interessierenden Rezepte befinden sich auf fol. 55-55v (1 Rezept) und fol. 70-71 (5 Rezepte).
Die Hermeneia des Žefarovič stellt in jeder Beziehung die reichste Sammlung maltechnischer Rezepte aus dem ostkirchlichen Raum im 18. Jahrhundert dar. Ihr Titel, ähnlich wie in der Sofioter Handschrift, lautet in der älteren Bukarester Handschrift:
qhhhVVVhhwc
cVVcfVzfVwVzwfV
Allgemeine Anweisung oder Hermeneia für die Jungen, die die Kunst der Malerei erlernen wollen. Von dem niedrigsten Knecht Christophoros Zhepharovikos und allgemeiner Zograf des ganzen Illyrien-Serbien).
Žefarovič wurde 1690 in Dojran (Mazedonien) geboren und starb in Moskau 1753. Seine Hermeneia hat er fast zu gleicher Zeit mit Dionysios von Fourna verfasst. Im Unterschied zum Malermönch Dionysios war Christofor Žefarovič, der auch ein Mönch war, eine geradezu barocke Figur westlicher Prägung. Er war Ikonenmaler, aber vor allem Buchautor, Kupferstecher, Kaligraph und machte auch liturgische Stickereien. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Als Maler tritt er in den 1730er Jahren auf. Er arbeitete in Belgrad, Sremska Karlovica und Wien. 1737 malte er die Kirche des Klosters Bodjane in der Woiwodina mit Fresken aus , 1740 die serbische Kirche in Siklos (Ungarn). Aus den 1730 Jahren stammen seine Ikonen in der Nikolaus-Kirche in Kozani, Mazedonien/Griechenland. Danach (um 1740) arbeitete er ausschließlich als Kupferstecher, illustrierte selbst seine Bücher, unter anderem das erste profane gedruckte Buch in slavischer Sprache: Stematografija, Wien 1741, mit 20 Darstellungen slavischer Herrscher und 56 Wappen (Mitarbeit Thomas Mesmer). Er unternahm mit Mönchen aus dem Kloster Rakovica eine Pilgerfahrt nach Jerusalem über Thessaloniki im Jahre 1745 , war 1746 in Wien, wo er fünf Kupferstiche gravierte. 1753 reiste er über Ungarn nach Moskau, wo er im Bogojavlenskij Kloster kurz darauf starb. Die Kunst dieses bedeutenden Künstlers im Donauraum der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vertrat den Stil des Barock, der nur wenig mit dem traditionellen Stil und mit den traditionellen Techniken der byzantinischen Malerei zu tun hatte.
BAR cod. d. greci 886, fol. 55 BAR cod. d. greci 886, fol. 70
1.
Erklärung, wie man eine alte Ikone wäscht
BAR cod. d. greci 886, fol. 55-55v (ähnlich Cod. D. gr. 381, fol. 43v-44)
Lege die Ikone in die Sonne, damit sie kräftig heiß wird. Gib danach auf eine Stelle Schnaps (raki) , nimm danach einen Spiritus (spirta), der so stark ist, wie der Schnaps für Sandarak , und reibe die Stelle mit einem großen Pinsel ein. Und es ist klar, dass du ein Stück Tuch bereit haben musst; wische dann mit dem Schwamm ab und wiederum ein zweites Mal mit dem Schnaps und mit dem Pinsel. Reibe sie (die Ikone) und wische sie ab mit dem Schwamm und wenn sie nicht sauber wird, dann versuche es zum dritten Mal, und wenn du siehst, dass sie sauber wird, reinige dann eine andere Stelle. Du machst das, indem du die Ikone nass machst, und du musst an einer kleinen Stelle anfangen, weil du es sonst zeitlich nicht schaffen wirst. Und wenn sie sich wieder nicht mit Schnaps waschen lässt, probiere es mit Persischem Naphtha (atzem nefti), d.h. mit dem Spieköl (ladi tou spigou) oder mit sehr dünnem Naphtha, und versuche es mit diesem Naphtha auf dieselbe Art und Weise; und wenn es auch damit nicht gelingt, dann versuche es mit Aschenlauge (katastalakti). Im übrigen habe ich dir gesagt: an einer kleinen Stelle sollst du probieren, denn vielen bleibt nur das Brett übrig. Wahrlich deswegen, weil es mir selbst passiert ist, sage ich auch das (wieder): an einer kleinen Stelle muss immer die Probe geschehen.
2.
Wie du eine alte Ikone waschen kannst
BAR cod. d. greci 886, fol. 70-70v
Wasche die Ikone zuerst mit warmem Wasser mit einem Schwamm (sfugari) und lass den Schmutz einweichen. Danach muss du sie auf dieselbe Weise mit Aschenlauge (alisiva) aus der Asche von Weinreben oder aus der Asche vom Holz der Kermes-Eiche waschen, damit die Asche nicht zu ätzend ist. Und wasche danach mit sauberem Wasser ab und lass sie (die Ikone) trocknen und firnisse sie.
3.
Anders
BAR cod. d. greci 886, fol. 70v
Gib in einen Korb Asche, und nachdem du in der Asche ein Loch gemacht hast, gieße Wasser hinein. Danach fließt das Wasser nach unten in ein anderes Gefäß und es ist sogar rot, wenn die Asche aus der Kermeseiche gemacht wurde. Koche dann dieses Wasser und wasche die Ikone mit dieser Substanz und danach mit sauberem Wasser; und wenn sie trocken ist, firnisse sie.
4.
Anders
BAR cod. d. greci 886, fol. 70v
Die Aschenlauge entsteht, indem du Wasser kochst und es in die Asche gießest, oder du kochst die Asche zusammen mit dem Wasser und bekommst danach die Aschenlauge (alisivan).
5.
Anders
BAR cod. d. greci 886, fol. 70v-71
Wasche die Ikone zuerst mit Wasser, danach mit Aschenlauge und gib danach die Eiklare von einem Ei. Reibe vorsichtig mit dem weichen Teil des Sepiaknochens ab, so dass die Vergoldung nicht beschädigt wird. Besser ist es sogar das Weiche (des Sepiaknochens) herauszuschälen und die Ikone damit abzureiben. Und nachdem du die Ikone genug gerieben hast, wasche sie mit Wasser, reibe sie trocken ab und stelle sie an die Sonne, damit sie trocken wird. Und wenn sie trocknet, firnisse sie zwei oder drei Mal und sie wird wie neu.
6. Wie du eine alte Ikone hell machen kannst, wenn die Gesichter nicht zu sehen sind
BAR cod. d. greci 886, fol. 71 (wie Cod. D. gr. 381, fol. 54-54v)
Koche Aschenlauge (katastalakti), das ist alusan oder alisivan, die stark ätzend ist, aus der Asche von Weinreben oder Eiche, d.h. dem Baum, – einen Liter, und gib auch eine Unze Butter, d.h. ein tilin, und Leinsamen (linosporon). Lass das alles zusammen kochen, bis es sich auf ein Drittel reduziert hat. Befeuchte danach ein sauberes Schwämmchen mit dieser Aschenlauge und wringe es aus, bis nur ein wenig Feuchtigkeit bleibt. Reibe mit dem Schwämmchen eine alte Ikone, einen Rahmen, eine alte Schrift, ein Pergament, auf dem die Buchstaben nicht lesbar sind, oder was auch immer anderes, was du reinigen willst. Und nachdem du das mit dem Schwamm gereinigt hast, lass es trocknen; und schneide dann eine Zwiebel in die Mitte durch und reibe die Ikone leicht und weich; und alles wird wie neu.
Die unvollständige Fassung der Hermeneia des Žefarovič liegt auf Griechisch nur noch im Cod. D. gr. 381 von 1836 im Zentrum Dujčev, Sofia, vor. Im Cod. D. gr. 381, dessen Kopie ich Frau Aksinija Džurova, Sofia, verdanke, findet man nur das erste und letzte Rezept des Žefarovič in einem noch mehr verdorbenen Griechisch, und zwar hintereinander auf fol. 43v-44. Die labile Orthographie beider Handschriften ist unterschiedlich, auf einen eingehenden Vergleich mit der Bukarester Handschrift, die ein besseres Griechisch aufweist, muss hier verzichtet werden. Eine unersetzbare Hilfe waren mir bei der schwierigen Übersetzung der Rezepte ins Deutsche Dr. Wassilios Klein und Herrn Julianos Karamanis, Bonn.
Cod. D. gr. 381, fol. 43v-44 Cod. D. gr. 381, fol., 54-54v
Nur das erste Rezept des Žefarovič „Erklärung, wie man eine alte Ikone wäscht“, und auch nicht ganz vollständig bzw. nicht ganz korrekt wiedergegeben, taucht in bulgarischer Übersetzung erst in den 1830er Jahren in drei Handschriften auf:
1. Hermeneia des Ikonenmalers aus Samokov, Christo Jovevič von 1836-38 (137 fol. 200 х 145 mm) im Museum von Samokov, fol. 109-109v.
2. „zweite“ Hermeneia des Zacharij Petrovič von 1836-38, die Vasiliev ins Neubulgarische übersetzt und 1976 publiziert hat.
3. Cod. D. slavo 39 von 1836 im Centrum Dujčev, Sofia, fol. 61.
Alle drei Ikonenmaler stammten aus Samokov und schrieben etwas unterschiedlich in einem südwest-bulgarischen Idiom. Warum sie die übrigen vier Restaurierungsrezepte in der Hermeneia des Žefarovič nicht wiedergegeben haben, ist unklar.
Йовевич, Cod. in Samokov, fol. 109-109v
Ерменïя за да мïешъ вехти икони
Йовевич 109-109v: Тури иконата на кескин слънце да се упече силно после тури у една страна преварена ракïя 6 пути и трïя сос едно перо аетро имай готово едно парче платно и изобришия и паки вторицею сос ракïя и сос перото трïя и се изобрисува, и ако се не очищава и ωт трети пут, правиго, и щом видиш и очищавасе, тогай прави и другата страна саде по малку страна да начиваш да я не начнеш сичката веднага, и защо и нея пристигнуваш, и ако се паки не омия са ракïя искусиго сос асизем нефтïя, и сос тоя истïйо колай искуси го, ако и сос това не се измива, тогай искуси сос люта капка саде ти рекох на малко место искуси, много токмо салт даската остаят, по истине язе това, затова сказувам. На малку место всегда да баде искуси.
Jovevič 109-109v: Erklärung, damit du alte Ikonen wäschst (Variante nach Žefarovič, wie bei Petrovič II 243; Cod. D. slavo 39, fol. 61)
Lege die Ikone in die starke Sonne, damit sie stark angewärmt wird. Nimm dann starken Schnaps, sechs Mal gebrannt, und reibe mit einem großen Pinsel (pero). Habe ein Stück Tuch und reibe sie ab und reibe wiederholt mit dem Schnaps und dem Pinsel und dann wird es sichtbar. Wenn sich die Ikone nicht beim dritten Mal säubern lässt, mache es wieder. Wenn du siehst, dass es sauber wird, mache dasselbe auch an einer anderen Stelle. Beginne aber mit kleinen Stellen – beginne nicht sofort die ganze Ikone (zu reinigen), denn so wirst du es nicht gut schaffen. Wenn es sich mit Schnaps nicht wieder reinigen lässt, versuche mit Persischem Naphtha (adžem neftija) und versuche auf dieselbe Weise. Wenn es sich auch damit nicht reinigen lässt, versuche dann mit starker Lauge (katastilakti). Nur, ich habe es dir gesagt, probiere an einer kleinen Stelle, denn vielen bleibt nur das Brett übrig. Ich weiß das wirklich, deswegen sage ich: die Probestelle muss immer klein sein.
***
Drei interessante Texte, die unser Thema betreffen, enthält das sogenannte „Erste“ Malerbuch des Ikonenmalers Dičo Zograf von 1835-1839. Die eigenhändige Handschrift (Cod. D. gr. 412, Bulgarisch und Griechisch) des Malers befindet sich im Zentrum Dujčev, Sofia. Sie zählt 188 fol. (235 x 165 mm) und enthält viele Zeichnungen im Text. Es handelt sich um ein eigenständiges Werk des Ikonenmalers Dimitár (Dičo) Krástev, Zograf (*März 1819 Tresonče bei Debar in Mazedonien - + 1872). Dieser lernte zunächst bei seinem Vater als Holzschnitzer, dann bis ca. 1839 wohl bei den griechischen Malern Michael und Demetrios von Samarina in Epirus, die seit 1826 im Vardar-Gebiet arbeiteten. Er war als Ikonenmaler tätig, seit 1840 in einer Werkstatt Walachischer Maler, seit 1844 selbständig. Der fleißigste Ikonenmaler, der die Schule von Samokov und Samarina (Epirus) vertrat, schuf in 40 Jahren etwa anderthalb bis zweitausend Ikonen, heute in Mazedonien, Albanien, Serbien und Bulgarien. Fast alle seine Ikonen sind signiert und datiert, oft auf Griechisch und Kirchenslavisch.
Die Beischrift von der Hand des Autors dieser Hermeneia in der Handschrift (Protograph) im Zentrum Dujčev, Sofia, lautet: Ceir o ZwgrajoV dhmigoV dewrel ceir Dhtxou Zwgrajon ek thV EparciaV Debrwn, 1844. Der Text wurde von Vasiliev 1976 ins Neubulgarische übersetzt und publiziert. Wir geben hier die drei Textauszüge von der Hermeneia des Dičo Zograf, die unserem Thema gewidmet sind, zum ersten Mal transkribiert und in deutscher Übersetzung wieder.
Dičo Zograf, Cod. D. slavo 412, fol. 7v Dičo Zograf, Cod. D. slavo 412, fol. 20
Да миешъ старï икони / Wie du alte Ikonen waschen kannst
Дичо Зограф: Cod. D. slavo 412, fol. 7v
Свари пепелъ ωт водата негова кога ђa миешъ со пачавра помини со нея после со блага вода ако не поминешъ со блага вода се изкорануватъ токо помини со пепеловата понея блага вода таке биди. коде е рацепено ωт икони що гребешъ триците ωт иконите алечията закашави пакъ изплъни иси.
Koche Asche und wasche mit diesem Wasser und einem Tuch. Danach wasche mit mildem Wasser. Wenn du nicht danach mit mildem Wasser abwäschst, wird es abblättern. Denke daran, nach dem Wasser von der Asche, mit sauberem Wasser abzuwaschen. Wenn (die Tafel) gerissen ist, nimm Holzspäne, Grund von (alten) Ikonen, lass ihn anquellen und fülle (damit) aus.
Ветки иконï да изтружеш / Wie du alte Ikonen abschaben kannst
Дичо Зограф, Cod. D. slavo 412, fol. 20
Алчията и иверъките да ги закопаишъ на чисто место да не я ωставишъ да се газитъ зере многу грехъ е токо закопая на чисто место таке требетъ емъ когаза стружешъ со страхъ божи зере се погодуватъ некоя чудотворъна икона те подуладуватъ и други нишанъ ђа ти даетъ како ти казуватъ еръминия таке чинï.
Den Grund und die Holzspäne sollst du an einem sauberen Ort vergraben, damit sie nicht mit Füßen getreten werden, denn dies ist eine große Sünde. Wenn du abschabst, mache dies gottesfürchtig, denn es begegnet manchmal eine wundertätige Ikone, von der du den Verstand verlieren oder eine andere Strafe kriegen kannst. So wie dir die Hermeneia sagt, so mache es.
А кога ђа работашъ дома / Wenn du zu Hause arbeitest
Дичо Зограф, Cod. D. slavo 412, fol. 20
Ако спиешъ со супругиего твою ђа се речетъ жену твою преденъ да не работишъ на иконата да си триешъ боята колъку моешъ да се чувашъ зер е многу грехъ е. Ама, да се измиешъ чïсто после работай со страхъ.
Wenn du mit deiner Ehefrau schläfst, sozusagen mit deiner Frau, an dem Tag sollst du nicht an der Ikone arbeiten. Verreibe (stattdessen) Farben. Hüte dich, soviel du kannst, denn es ist sehr sündhaft. Wasche dich sauber und arbeite danach gottesfürchtig.
Ganz andere Restaurierungsanweisungen enthalten die russischen Podlinniki. Im „Typikon des sündenbeladenen und gottesfürchtigen Bischof Nektarij von den serbischen Landen, aus der Stadt Veles“ mit dem Datum 1594 und Datum der Übersetzung aus dem Griechischen ins Russisch-Kirchenslavische „1599“ im Leopardovskij sbornik aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts steht am Ende eine Anweisung: die durch Hitze verzogene Ikone solle mit der Rückseite auf warmem Wasser oder an einem kühlen Ort liegen. Dann würde sie sich gerade biegen: ´½ž½«žŸžx x . Doch gehört diese Anweisung nicht zum ursprünglichen Text des Nektarij und ist somit russischen Ursprungs.
Im Jahre 1726 hat der bekannte griechische Maler Panagiotes Doxaras (Mani, Peloponnes, 1662 - Corfu, 1729) eine eigene theoretische Schrift mit einer Hermeneia für 24 Firnisse verfasst („Peri zographias“), die erst 1871 in Athen von Spyros Labros (1851-1919) herausgegeben wurde. Die einzige Handschrift befindet sich in der Bibliothek der Historisch-ethnologischen Gesellschaft in Athen. Ein Firnis-Rezept ziehlt auf die Auffrischung von Ölgemälden.
Ein anderer (Firnis) für Reinigung, nämlich wie du das Ölbild wäschst
Mimm Mastix-Träne (μαστίχη το δάκρυον) und Nussöl soviel, dass er ihn zudeckt. Gib es in ein sauberes Gefäß auf schwaches Feuer, bis der Mastix schmilzt. Gib danach etwas Weiß (μπιά[ν]κα) , nämlich Bleiweiß (ψημίθη), mische schnell das alles zu einem und stelle es vom Feuer weg. Lass das Weiß sich auf dem Boden setzen. Wenn es abkühlt, kippe (das Gefäß) nach vorne und seihe. Gebrauche es danach.